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Projektdaten:

  • Titel: Geschichten, die in mir wohnen
  • Bündnispartner 1: Realschule Bissigen, Marbacher Weg 35, 74321 Bietigheim-Bissingen
  • Bündnispartner 2: Otto-Rombach-Bücherei, Hauptstraße 19 (beim Unteren Tor), 74321 Bietigheim-Bissingen
  • Bündnispartner 3: fbk Baden-Württemberg e.V., Literatur im Unterricht, Heugasse 13, 73728 Esslingen
  • Autorenpate: Olaf Nägele ist 1963 in Esslingen geboren, studierter Kommunikationswirt (Kommunikationsakademie Hamburg) hat nach langjährigen Aufenthalten in München, Stuttgart und Hamburg den Weg in seine Heimatstadt zurückgefunden und arbeitet als Redakteur, PR- und Werbetexter und Autor. Neben Beiträgen in Anthologien und Hörspielen für den SWR erschienen von ihm die Kurzgeschichtensammlungen „Maultaschi Goreng“, „Ha Noi Express“ und „Buddha Brezel“ sowie die Romane „Gsälz auf unserer Haut“ (in Co-Autorenschaft mit Julie Leuze), „Das Flädle-Orakel“, „Goettle und der Kaiser von Biberach und „Goettle und die Hexe vom Federsee“, alle erschienen im Silberburg-Verlag, Tübingen. Für seine Kurzgeschichte „Die Sache mit Gege“ erhielt er einen Ehrenpreis der Akademie Ländlicher Raum in Baden-Württemberg. Zudem führt Olaf Nägele seit mehr als zehn Jahren Workshops an Schulen durch, u.a. im Rahmen des Projekts „Deutsch geht gut“ in Bietigheim-Bissingen.
  • Zeitraum: 01.01.2018 - 31.12.2018
  • Format: Modul 1 (ganzjährig)
  • Ort: Bietigheim-Bissingen
  • Bundesland: Baden-Württemberg
 

Downloads und Presselinks zur Autorenpatenschaft Nr. 61


Über nachfolgende Links können Sie sich Pressemitteilungen anschauen und das Buch mit den Projektergebnissen nach Fertigstellung als PDF runterladen. Zur Ansicht wird ein PDF Reader benötigt.

Download des Buchs (PDF)

Autorenpatenschaft Nr. 61

Cover der Autorenpatenschaft Nr. 61

 

Projektbeschreibung

Jeder Mensch trägt Geschichten in sich, die es wert sind, erzählt zu werden. Zum Teil basieren sie auf eigenen Erfahrungen, manchmal sind sie reine Phantasiekonstrukte, die einen Ausgleich zum Alltag bieten, manchmal vermischen sich reale und Phantasie-Welt, um einen neuen bereichernden Platz zu bilden.

In dem Schreibworkshop „In mir wohnt eine Geschichte“ locken wir diese Erzählungen hervor. Schritt für Schritt nähern sich die Projektbeteiligten dem Ansinnen, eine Kurzgeschichte zu verfassen. Dabei untersuchen wir die Bestandteile, die eine gute Kurzgeschichte ausmachen, befassen uns mit Erzählperspektiven, Personenbeschreibungen, Orte der Handlung inkl. Das Bauen eigener Welten, Konfliktarten, Dialoge und Plot.

In allen Workshop-Einheiten wird es praktische Schreibübungen geben. Ein wichtiger Bestandteil jedoch ist es, den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass Literatur etwas sehr Lebendiges sein kann. Daher werden immer wieder Dozenten aus verschiedenen Bereichen hinzugezogen, die einen Eindruck ihrer Arbeit vermitteln und die zudem die Teilnehmer auf Exkursionen begleiten.

 

Bilder

Für diese Autorenpatenschaft liegt uns leider kein digitales Bildmaterial vor. Schauen Sie doch mal in das entstandene Buch!

 

Texte der Autorenpatenschaft Nr. 61


Blutmond

Seit dem letzten Vollmond steht mein Leben völlig auf dem Kopf. Es ist eine große Zahl an Menschen auf geheimnisvolle Weise gestorben, und auch ich wurde angegriffen. Die Erinnerung daran ist sehr schwach und ich bekomme jedes Mal stechende Kopfschmerzen, wenn ich versuche, mich zu erinnern, deshalb konnte ich auch der Polizei nicht mit meiner Zeugenaussage weiterhelfen. Alles was ich weiß, ist, dass mich ein Wesen mit menschlichen Zügen und leuchtend roten Augen auf den Boden gestoßen hat. Seitdem hab ich das Gefühl, mich verändert zu haben. Früher war ich total unsportlich und vergesslich, aber ich habe mehr Ausdauer, wenn ich joggen gehe und mein Gedächtnis hat seither auch jede Kleinigkeit bei sich behalten. Selbst meine Freunde erkennen mich nicht mehr wieder. Das ist wohl auch einer der Gründe, warum ich kaum noch Kontakt mit einigen von ihnen habe.

Ich schlenderte durch den Flur und geradewegs zur Schule hinaus. Kaum hatte ich das Schulgelände verlassen, sah ich ihn auch schon, meinen besten Freund Henry. Er ist der einzige richtige Freund, der mir noch geblieben ist. Er ist sehr schlau und weiß immer, wie er mich aufmuntern kann.

„Hey Vincent, wie war die Schule? Bist du wieder eingeschlafen?“, begrüßte er mich schmunzelnd.

„Haha, schon klar, dass du schon wieder die alte Geschichte auskramst. Das ist schon Monate her und außerdem wünsche ich dir auch einen wundervollen Tag, mein lieber Henry. Du bist wieder gut drauf, ich sehe schon.“

Lachend legt er mir eine Hand auf die Schulter. „Ich hab das ja nur gesagt, weil deine Haare wieder so unordentlich sind. Es ist wirklich schade, dass du nichts aus deinen hübschen weißblonden Haaren machst. Wenn ich du wäre, säße ich schon längst in einer großen Villa irgendwo in LA und verdiente mein Geld als Model, aber du denkst ja, das wäre unrealistisch.“

„Weil es das ja auch ist. Hast du schon gehört? Heute ist Vollmond. Ich weiß auch nicht, aber ich habe ein ungutes Gefühl dabei. Ich hab mich da mal informiert, laut einer Statistik aus Bayern sterben zu 27,3551% mehr Menschen auf unerklärliche Weise an Vollmondnächten.“

„Du machst dir da definitiv zu viele Gedanken, da wird schon nicht mehr passieren als sonst auch. Wenn dir das so nahe geht und es dich beruhigt, kannst du heute Nacht bei mir schlafen.“

Ich lächelte ihn leicht an. „Ich muss leider deine Einladung ablehnen. Du weißt doch, ich ziehe das Unglück an wie BoyBands weibliche Teenager. Wenn heute wieder einer dieser Tage ist, dann ziehe ich dich mit in mein Unglück rein und das will ich nicht. Du hättest das alles nicht verdient, du bist doch sowas wie mein Bruder.“

Bis zum Abend hatte ich es geschafft, mir ein Essen zu kochen, die Hausaufgaben zu machen und als das beendet war, zog ich mich in mein Zimmer zurück. Normalerweise bin ich hier nur sehr selten, nur zum Schlafen und Umziehen, aber heute war mir wieder danach, auf dem alten Piano meines Großvaters zu spielen. Passend zum Sonnenuntergang spielte ich ein sanftes und auch etwas trauriges Lied. Wie ich es vermisst hatte, Musik zu machen und einfach … loszulassen. Mit einer letzten langsamen Ballade verabschiedete ich die Sonne.

Plötzlich verkrampften sich meine Finger und schräg klirrende Töne umgaben mich. Schmerzhaft versuchte ich meine beiden Hände zusammen zu führen. Voller Panik stand ich auf, stolperte über den Hocker, auf dem ich gesessen hatte und kämpfte mich bis zum Badezimmer.

Als ich mein Spiegelbild betrachtete, fielen mir meine extrem blasse Haut und danach meine Haare auf. Sie verfärbten sich in einer hohen Geschwindigkeit pechschwarz. Schockiert griff ich danach und verfolgte, wie sich die Dunkelheit auf meinem Kopf ausbreitete. Meine Augen schimmerten bedrohlich in einem hellen Orange.

Mich überflutete die Lust, nach draußen zu gehen. Ich wollte den reinen Mond mit meinen eigenen Augen sehen. Ich richtete mich mit einer stockenden Bewegung auf und verließ mühsam das Bad. Meine Beine gehorchten mir nicht mehr, sie wurden von der Dunkelheit gesteuert. Schleppend näherte ich mich dem Ausgang, und die Sorge um die Menschen, mit denen ich mich auch einst identifiziert habe, stieg in mir auf. Ich musste mich selbst aufhalten. Ich schloss meine Augen und konzentrierte mich auf die weichen Klänge des Klaviers, die ich zuvor noch gehört hatte und für einen Moment hatte ich die Kontrolle zurück. Ich nutzte diese Chance, nahm zitternd den Haustürschlüssel und warf ihn so weit weg wie möglich.

Noch in der Sekunde drehte ich mich um und ließ mich auf die Couch fallen. Ich hatte geschwitzt, nun wurde es mir kalt, ich hüllte mich in eine Decke. Warum musste ausgerechnet mir so was passieren? Was hatte ich verbrochen?

Du solltest dankbar sein, dass du von uns auserwählt wurdest. Wir haben dich in den Kreis der Mondkinder aufgenommen. Wir sind die Elite der Elite. Unser aller Ziel ist, weitere Mitglieder zu sammeln und zusammen diese langweilige Welt zu besetzen. Klingt doch wunderbar, nicht wahr?

Die durchdringenden Worte ließen mich zusammenzucken. Ich versteckte mich tiefer unter meiner Decke. Ich versuchte, mich zu beruhigen und sprach, leise, aber bestimmt in die Leere des Wohnzimmers: „Ich habe keine Ahnung, wer du bist und warum du Kontrolle über meine Gedanken und meinen Körper hast, aber ich werde mir das nicht gefallen lassen. Ich will nicht noch mehr Menschen infizieren. Ich werde nicht in deinem kranken Plan mitspielen.“

Ich hörte ein heiseres Lachen. Es schien so, als hätte ich die Stimme ein bisschen beeindruckt. Doch ehe ich mich versah, zog es mich in eine andere Welt, bis ich in einer warmen Wolke, umgeben von Finsternis, landete. Ich traute mich nicht, meine Augen zu öffnen. Ich vernahm ein leises Schnaufen hinter mir. Energisch drehte ich mich um und starrte meinem Gegenüber direkt in die Augen, in der Hoffnung, er würde meine Nervosität nicht bemerken. Wer war das? Die Gestalt trat näher an mich heran und einzelne Lichtstrahlen trafen ihr Gesicht.

„Du? Warum, Henry? Wieso?“

„Diese Frage beantworte ich dir gerne! Ich bin nicht der, den du kennst. Vor acht Jahren bin ich auf diesen mickrigen Planeten gekommen. Wo ich herkomme, strebt jeder nach Macht und da es bisher jedem zu einfach gewesen wäre, die „Erde“, wie ihr sie nennt, anzugreifen, wollte ich damit anfangen. Ihr Menschen seid ja so naiv, was glaubst du, warum ich so lange als Henry mit dir befreundet war?“ Er grinste mich verschwörerisch an. „Durch die Macht unseres Mondgottes hast du dich so prächtig entwickelt! Er wird uns schützen, begleiten und stärken, Vincent! Wir sind gesegnet!“

Erschüttert sah ich ihm zu, wie er mit ausgestreckten Händen auf mich zuging und ein unheimlich breites Grinsen aufgesetzt hatte. Ich atmete tief durch und richtete mich auf. Mit glühenden Augen fixierte ich ihn.

„Ich werde dir nicht helfen, du Psycho. Und selbst, wenn dies hieße, für immer alleine zu sein, würde ich lieber diesen Weg gehen, als dich mit deinen bösen Absichten zu unterstützen.“

Er blieb vor mir stehen und sah mich mit einer unerwarteten Traurigkeit in den Augen an. Er legte seine Hand auf meine Wange, die ich sofort weg schlug.

„Ich verstehe, Herr.“

War das ein Trick? Wollte er mich angreifen? Aber er tat nichts dergleichen, nein. Er kniete sich vor mir hin und sah mir sanft in die Augen.

„Bitte entschuldigt, mein Herr. Ich habe mich nie vorgestellt, mein Name ist Avior. Ich habe unerlaubt Ihren Planeten angegriffen, ich wusste nicht, ob Ihre Existenz nur eine Legende ist. All die Jahre hatte ich Sie vor mir und doch nie erkannt. Ich werde die infizierten Menschen sofort freigeben.“

Ich stand vor ihm und schluckte trocken. „Ich verstehe nicht. Was hat all das auf sich?“

„Sie haben den Mond in Ihren Augen. Sie sind die Person, die ich und viele Bewohner dieses Sonnensystems anhimmeln, sie sind unser Gott. Ich werde die guten Neuigkeiten verbreiten und dafür sorgen, dass Sie und die Erde in Frieden weiterleben werden.“

Emily Elbert, 15 Jahre

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