parallax background
 

Projektdaten:

  • Titel: Geister in Geismar - Gruselgeschichten vom Friedhof
  • Bündnispartner 1: Georg-Christoph-Lichtenberg-Gesamtschule, Schulweg 22, 37083 Göttingen
  • Bündnispartner 2: Stadtbibliothek Göttingen – Zweigstelle Geismar, Kerllsgasse 2, 37083 Göttingen
  • Bündnispartner 3: Friedrich-Bödecker-Kreis e.V. in Niedersachsen, Künstlerhaus/Sophienstr. 2, 30159 Hannover
  • Autorenpatin: Schon früh zeichneten sich im Leben von Nina Weger zwei Leidenschaften ab: Für das Schreiben und den Circus. Mit 13 Jahren begann sie in einem Kinderzirkus Seil zu tanzen. Mit 15 Jahren machte sie ihre ersten Praktika bei Tageszeitungen in Hannover. Nach dem Abitur ging sie eine Saison mit dem Circus Belly auf Reisen, tanzte Seil und lebte in einem Wohnwagen. Von 1989 bis 1991 volontierte sie, arbeitete kurze Zeit als Redakteurin und wechselte dann zu einer Filmproduktion.
    Mit der Geburt ihrer Tochter machte sich Nina Weger als Drehbuchautorin selbstständig. Gemeinsam mit Nina Bohlmann schrieb sie u.a. für Serien wie ‚Edel & Starck’ und ‚Notruf Hafenkante’. Im Winter 1998 produzierten und inszenierten sie mit einem internationalen Team aus Artisten, Musikern und Schauspielern das Märchen ‚Die Schneekönigin’ von Hans-Christian-Andersen in der Orangerie Hannover. Seit 2005 leitet Nina Weger ehrenamtlich den ‚Kinderzirkus Giovanni.’ In dem Projekt kreieren 40 Kinder und Jugendliche zwischen fünf und achtzehn Jahren ihr eigenes Zirkusprogramm. 2007 wurde der Kinderzirkus mit dem ersten Deutschen Kinderpreis ausgezeichnet, 2012 mit dem ‚Prix Roncalli’ für seine ‚innovative Arbeit’.
    2018 rief Nina Weger gemeinsam mit Julia Kronberg in Kooperation mit der Stadt Hannover das Kinderliteraturfestival Salto Wortale ins Leben. Mit einem neuartigen Ansatz der Literaturvermittlung und Leseförderung fördert Salto Wortale die künstlerische und spielerische Auseinandersetzung mit Texten und möchte so einen Beitrag zur Leseförderung zu leisten.
    Nina Weger engagiert sich außerdem für einen deutsch-kubanischen Kulturaustausch und für das ‚Camagüey-Mushroom-Project‘ mit der Universität von Camgüey, Kuba.
    Im Februar 2012 erschien ihr erstes Kinderbuch ‚Helden wie Opa und ich’ im Oetinger-Verlag. Es folgten ‚Ein Krokodil taucht ab und ich hinterher‘, die Reihe ‚Club der Heldinnen‘, ‚Als mein Bruder ein Wal wurde‘ u.v.m. Zuletzt veröffentlichte Nina Weger eine Reihe für Leseanfänger vom ‚kleinen Räuber Rapido‘. Nina Weger lebt mit Mann und ihren zwei Kindern Greta und Vincent in Hannover.
  • Zeitraum: 01.10.2021 - 30.11.2021
  • Format: Modul 3 (kurzzeitig)
  • Ort: Göttingen-Geismar
  • Bundesland: Niedersachsen
 

Downloads und Presselinks zur Autorenpatenschaft Nr. 306


Über nachfolgende Links können Sie sich Pressemitteilungen anschauen und das Buch mit den Projektergebnissen nach Fertigstellung als PDF runterladen. Zur Ansicht wird ein PDF Reader benötigt.

Download des Buchs (PDF)

Für diese Maßnahme ist auf Grund der kurzen Dauer keine Publikation vorgesehen. Texte und Bilder des Projektes finden Sie weiter unten.

 

Projektbeschreibung

Vom Suchen und Finden einer Geschichte
Lesen und Schreiben macht uns empathischer. Wir versetzen uns in andere hinein und versuchen die Welt für einen Moment mit anderen Augen, aus einer anderen Perspektive zu sehen. Dabei lernen wir ganz nebenbei viel über uns selbst und können Erlebtes verarbeiten.
Schreiben ist aber auch Handwerk. Ideen zu entwickeln, Informationen zu sammeln, Gedanken zu strukturieren, in Form und einen Spannungsbogen zu bringen und die lange Strecke einer Geschichte durchzuhalten – das kann man lernen. Eine Geschichte ist wie ein Haus zu bauen: Ohne ein stabiles Fundament kracht das hübscheste Bauwerk in sich zusammen. In kleinen, überschaubaren Schritten wollen wir uns gemeinsam inspirieren lassen, einen festen Grund und einen roten Faden entwickeln, versuchen das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen und schließlich eine spannende Geschichte zu ‚konstruieren’. Schreiben ist aber auch eine Reise. Den langen Weg bewältigt man in überschaubaren Strecken. Wir entwickeln eine Reiseroute, an der man sich auch in schwierigen Momenten orientieren kann.
Die Schüler sollen sich dabei gegenseitig unterstützen. Sie sollen sich untereinander konstruktiv kritisieren, die Anmerkungen der anderen filtern und entscheiden, was und wie sie ändern wollen. Sie sollen mutig verwerfen, experimentieren, wagen - und am Ende ihre Geschichte erzählen.

 

Bilder

 

Texte der Autorenpatenschaft Nr. 306


Skoruptalem

Ich seufzte und schob meine Kopfhörer von den Ohren »Ja, Mama! Ich komme schon.« Genervt schlurfte ich in unser Wohnzimmer. Meine Mutter saß am Esstisch vor unserem alten Laptop.
»Guck mal, Kiara!« Sie deutete auf den kaputten Bildschirm. »Kashmir und ich dachten wir machen einen kleinen Familienausflug! Ich habe im Internet schon eine Route raus gesucht. Und Noemi wäre auch einverstanden.«
Wenn ich eines erwähnen sollte, dann das ich erstens meinen Stiefvater abgrundtief hasste, zweitens das ich darauf wetten konnte, dass Mama Noemi bestochen hatte und drittens das ein Familienausflug bei uns noch nie gut geendet hat.
»Auf gar keinen Fall!«, weigerte ich mich. Schließlich bin ich zwölf Jahre alt, gehe in die sechste Klasse, eines Berliner Gymnasiums und bin für meine krassen Karatemoves bekannt.
»Keine Widerworte!« Damit war für Mama das Thema durch.
Eine halbe Stunde später parkte Kashmir unser leicht zerbeultes Auto auf einem vom starken Herbstregen aufgeweichten Parkplatz.
Den ganzen Weg lang, schlenderte ich ein paar Meter hinter meiner Familie her.
Bis Kashmir mich fragte: »Kannst du nicht einfach mal mit uns laufen?«
»Wieso?«, stellte ich eine Gegenfrage, »Hast du ein Problem damit?«
»Sei doch bitte nicht so frech!«, mischte sich Mama ein.
»Genau Kiara!« Meine kleine Schwester lächelte mich triumphierend an. »Wenn ihr alle nicht mit dem zufrieden seit, was ich tue, hätte ich ja auch zu hause bleiben können!« Mit diesen Worten stapfte ich ein kleines Stück zurück und ließ mich auf einen Baumstumpf sinken. Ich beobachtete, wie meine Familie weiter ging. Ihnen war es völlig egal, dass ich zurück blieb.
Da zuckte ich plötzlich zusammen. Schreie? Ich hörte genauer hin. Hilferufe! So schnell wie ich konnte, rannte ich den Stimmen entgegen. Da sah ich plötzlich ein riesengroßes Loch - bestimmt zehn Meter breit und unbeschreiblich tief. Die Stimmen kamen aus dem Loch. Meine Familie war in das Loch gefallen! Plötzlich fing die Erde an zu beben. Erschrocken wich ich zurück! Vor meinen Augen schloss sich das Loch. Der Rasen rollte zurück an seinen Platz, als ob dort nie etwas anderes gewesen wäre. Völlige Stille.
Verzweifelt rupfte ich Gras ab, klopfte den Boden ab und suchte nach irgendeinem Lebenszeichen meiner Familie. Doch nichts, rein gar nichts geschah! Erst jetzt wurde mir klar: Wie wichtig meine Familie für mich war, wie sehr sie mir etwas bedeutet.
»Warum weinst du?«
Ich schreckte hoch. Ein älteres Ehepaar stand vor mir. Beide trugen nagelneue Wanderklamotten und hielten gemeinsam eine altmodische Karte in der Hand.
Ich berichtete ihnen was vorgefallen war. Ich ließ kein Detail aus. Daraufhin lachten die beiden schallend und wandten sich mit den Worten »Du hast eine große Fantasie, mein Kind!« ab. Ich wusste, dass mir auch niemand anderes glauben würde. Also entschloss ich, alles selber in die Hand zu nehmen und meine Familie zu retten…
Verzweifelt streifte ich um die Unfallstelle, wo das Große Loch meine Familie verschluckt hatte. »Autsch!« Ich war geradewegs gegen eine hohe Tanne gelaufen. Und dabei entdeckte ich etwas: In verschnörkelter Schrift stand dort »Skoruptalem - Die Löcher der Welt«. Ich fuhr mit dem Finger die Worte nach. Es war wie ein Reflex. Plötzlich kam aus dem Baum etwas heraus. Die Rinde hatte sich gespalten und ich entdeckte ein kleines Buch. Es war alt und die Seiten waren abgegriffen. Vorsichtig streckte ich meine Hand nach ihm aus und berührte zaghaft den Einband Doch irgendetwas in mir, hielt mich zurück, weshalb ich es aufschlug und anfing zu lesen.

Ich wusste nicht wie spät es war, ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Aber es hatte sich gelohnt. In dem Buch standen viele Informationen zu den Löchern - auch Skoruptalem genannt. Die Skoruptalem gab es weltweit, fast an jeder Ecke. Durch Tunnel waren sie miteinander verbunden. Und sie öffneten sich nur einmal im Jahrzehnt.
Doch: Es gab noch eine weitere Methode, um sie zu öffnen. Meine einzige Chance. Ich musste nach einem Stein mit einem weißen verschlungenen Symbol darauf suchen, meine Hand darauf legen und eine Formel sagen. Wenn ich fest an meine Mission glaubte, würde es gelingen und das Skoruptalem öffnete sich.
Ich prägte mir alles genau ein. Entschlossen eilte ich zu einer Ansammlung von Steinen, die fast direkt neben dem versteckten Skoruptalem lagen. Sofort entdeckte ich den, mit dem beschriebenen Symbol. Ich atmete einmal tief ein und aus.
Es musste mir einfach gelingen! Vorsichtig legte ich meine Hand auf den Stein. Sie zitterte. Langsam fing ich an die Formel aufzusagen. Da legte sich eine eiskalte Hand auf meine Schulter. Blitzschnell drehte ich mich um. Ein Mann stand vor mir, ein schwarzes Tuch verdeckte sein Gesicht, nur für die Augen waren Schlitze da.
Mir wurde bewusst, dass mich dieser Mann ganz sicher nicht zum Kaffeekränzchen einladen wollte.
»Du wirst deine Familie niemals befreien!«, lachte er schäbig.
Doch bevor er meinen Arm packte, schlug ich ihm gezielt in die Magengrube. Das war ein Kinderspiel! So schnell ich konnte floh ich in die entgegengesetzte Richtung und erarbeitete mir einen großen Vorsprung. Ich blieb erst stehen, als ich mir ganz sicher war, dass er mir nicht weiterhin folgte.
Mein Kopf dröhnte. Erschöpft sank ich auf die Knie und fiel in einen tiefen Schlaf…

Am nächsten Morgen wurde ich von lautem Vogelgezwitscher geweckt. Es schien ein herrlicher Tag zu werden. Doch meine Mission, meine Familie aus dem Skoruptalem zu retten, war noch längst nicht vorbei!
Müde rieb ich mir die Augen, rappelte mich auf und suchte den Weg zurück zum Skoruptalem. Lange irrte ich durch das Wäldchen, gerade wollte ich aufgeben, da entdeckte ich einen mir bekannt vorkommenden Trampelpfad, folgte ihm und stand schon bald an der Stelle mit der Ansammlung von Steinen.
Wie am Vortag legte ich meine Hand auf den bestimmten Stein und sagte die Formel auf - nur dieses Mal ohne unterbrochen zu werden. Erst geschah gar nichts. Ich dachte schon ich hätte etwas falsch gemacht, doch dann rumorte es. Das Gras schob sich wie ein Teppich zurück und gab das Skoruptalem frei!
Wird es mir gelingen meine Familie aus dem Skoruptalem zu befreien?

»Hallo!«, rief ich in das dunkle etwas. Doch niemand antwortete mir.
Was sollte ich tun? Einfach hinein springen? Dabei würde ich mir doch höchstwahrscheinlich das Genick brechen. Doch eine andere Möglichkeit gab es nicht! Und es musste schnell gehen. Vielleicht lauerten da unten irgendwelche Gefahren. Blitzschnell entschloss ich mich… und sprang! Dabei schloss ich die Augen. Kühle Luft zischte um meine Ohren. Dieser Sprung fühlte sich endlos an.
Plötzlich sah ich den Untergrund. In voller Fahrt raste er auf mich zu! War das mein Ende? Würde ich gleich sterben? Doch ein paar Zentimeter über dem Boden wurde ich auf unerklärliche Weise abgebremst und landete sanft auf den Füßen.
Ich blickte mich um: Regale reihten sich aneinander, darin lagerten große Tüten in denen Substanzen, Pillen und anderes Zeug waren. Mir fiel der Groschen! Es sah genauso wie in meinen Krimis aus. Ich befand mich in einem riesigen Drogenlager! Bestimmt illegal. War deshalb gestern dieser komische Typ aufgetaucht? Um mich aus dem Weg zu räumen, weil meine Familie in das Skoruptalem gefallen war und somit auch von den Drogen wusste. Und wenn ich sie rettete, würden wir hundertprozentig zur Polizei gehen, damit wäre alles aufgeflogen! Alles passte zusammen. Wie ein Puzzle, was ich gerade gelöst hatte…
Unschlüssig was ich tun sollte, streifte ich durch die Regalreihen, betrachtete die Tüten und suchte nach irgendeinem Verbindungstunnel. Denn hier schien meine Familie ja nicht zu sein…
Als ich am Ende ankam, entdeckte ich eine morsche Tür. Hätte ich sie ein paar mal gegen die Wand schnellen lassen, wäre sie wahrscheinlich gänzlich aus den Angeln gebrochen…
Mit einem Leisen Knarzen drückte ich die Tür auf. Dahinter lag eine Art Lagerhalle. Holzkisten stapelten sich überall. Ich hörte mehrere männliche Stimmen und eine weibliche.
Versteckt hinter den Kisten schlich ich mich immer näher an sie heran. Ungefähr in der Mitte des Skoruptalem, standen fünf Gestalten. Sie waren in ein wichtiges Gespräch vertieft.
»Ey, Tom. Wenn du die Kleine erwischt hättest, müssten wir uns jetzt nicht vor dem Boss rechtfertigen. Du weißt ja wie er tickt!«, schnauzte die Frau einen großen, breitschultrigen Mann an. Er kam mir bekannt vor. Es war auch der Typ, der mich beim ersten Mal, als ich probiert hatte das Skoruptalem zu öffnen erwischte.
»Maxim! Ich wusste doch nicht das die solche harten Schläge kann! Das mit Keisa kriegen wir schon geregelt«, murrte Tom. »Das ist doch zum Lachen!« Ein rundlicher Mann mit Zigarette in der Hand grunzte. »Von so einer kleinen lässt du dir doch nichts sagen!« Er schwankte ein bisschen nach links.
»Hannes? Hast du wieder einen getrunken?«, fragte ihn ein schlaksiger Mann mit blasser Haut.
»Nee, Alter! Ich bin noch ganz bei Sinnen!« Da kippte er um. Maxim fing ihn noch rechtzeitig auf.
»Ich meine dahinten steht noch eine Flasche Wasser. Die können wir ihm über den Kopf schütten!« Tom näherte sich meinem Versteck. Ich sog die Luft ein. Da drehte er sich um! Mist, er hatte mich entdeckt. »Die Kleine ist hier!«, rief er den anderen zu.
Ich wollte gerade durch die morsche Tür fliehen, da öffnete sie sich und ein muskulöser Mann mit einer Pistole in der Hand stand vor mir. Er trug einen Pelzmantel, schwarze Jeans und Sonnenbrille. Das musste der Boss sein. Den sie alle Keisa nannten.
»Ich dachte, ich sehe mal nach dem rechten!«, grinste er. Seine zahnpastaweißen Zähnen blitzten. Er zog sich die Sonnenbrille ab, darunter kamen klarblaue Augen hervor.
Nun zückten auch Tom, Maxim und die anderen ihre Pistolen.
Ein Mann namens Cooper packte mich und hielt mir seine Knarre an die Kehle.
»So meine Liebe. Du willst also deine tolle Familie befreien, was?«, lachte Keisa.
Ich gab ihm keine Antwort.
»Was machen wir jetzt?«, fragte Maxim aufgebracht. »Mir wird das hier langsam alles zu heiß!«
»Ich sag dir was wir tun werden! Tom, Maxim und Jona«, erklärte er, »ihr holt die anderen hier her, kapiert!«
Die drei eilten los. Jona war der schlaksige Typ und schien noch nicht so geübt, weil er immer wieder den anderen einen unsicheren Blick zu warf.
Nach wenigen Minuten kamen sie mit meiner gefesselten Familie wieder. Dem zornigen Kashmir, meiner leichenblassen Mutter und der schluchzenden Noemi.
Keisa erklärte weiter. »Cooper? Leg der Kleinen auch Fesseln an!« Cooper schnürte mir die Hände auf dem Rücken ab, doch ich hatte einen Trick. Und spannte meine Arme an, so saßen die Fesseln locker, wenn ich meine Arme wieder entspannte.
»Wir müssen sie aus dem Weg schaffen und dafür ist der naheliegende See genau richtig!« Keisa grinste heimtückisch.
»W-W-Was du willst s-s-sie ertr-tr-tränken!«, stotterte Jona, der den Griff um Kashmir’s Fesseln etwas lockerte. Das fiel ihm wohl auch auf, denn er warf mir einen verschwörerischen Blick zu.
Ich hatte nämlich einen Plan. Doch der würde nur funktionieren, wenn wir als Familie zusammen halten würden. Und das war noch nie passiert. Wenn wir aus den Skoruptalem heraus waren, musste ich die Aufmerksamkeit auf mich lenken, mit den Fingern das Startsignal geben und beten das es nur meiner Familie auffiel. Dann müssten wir uns so gut es geht befreien. Dafür brauchte ich eine Scherbe mit der ich wenigstens meine Fesseln durchtrennen konnte und dann die der anderen.
In einer Ecke standen mehrer Bierflaschen. Irgendwie musste ich an eine Scherbe kommen! Mir kam eine Idee. Ich zog Cooper näher an ein Regal heran. Dann gab ich ihm einen Stoß. Er stolperte Rückwärts gegen das Regal, das kippte nach hinten und landete auf dem Haufen mit den Glasflaschen. Ein paar zerbrachen.
»Oh Entschuldigung!« Ich steckte eine Scherbe ein. Damit ritzte ich meine Fesseln an und konnte sie selbstständig abschütteln. Niemandem fiel es auf!
»Lass dich doch nicht von der Kleinen übers Ohr hauen!«, schnauzte Keisa ihn an.
Wir müssten wenigstens ein paar der Leute K.O. schlagen, dachte ich im Stillen, um überhaupt eine Chance zu haben.
Wie ich das tun wollte, wusste ich noch nicht…
Doch was sollten wir dann tun? Mir kam eine Idee.
Auf dem Weg nach draußen, der durch ganz viele Räume führte, steckte ich ein paar der Tüten mit den Drogen darin ein. Natürlich hatte ich keine Handschuhe, wie die Kommissare in den Krimis, doch meine Ärmel dienten auch dazu.
Zum Glück war Cooper noch nichts aufgefallen.
Keisa führte uns immer weiter, bis wir anhielten, in einen Raum, in dem ein großer gläserner Fahrstuhl nach oben führte. Wir stiegen ein. In Sekundenschnelle waren wir oben angekommen und das Skoruptalem öffnete sich.
Wie es die Schmuggler geschafft hatten, blieb mir schleierhaft!
Nachdem wir ausgestiegen waren, rollte sich der Rasen wieder zusammen und verbarg das Skoruptalem.
Wir folgten einem alten Pfad der uns immer tiefer in den Wald hinein führte, bis sich vor uns eine große Lichtung auftat. Ein tiefblauer See erstreckte sich vor uns. Die Sonne glitzerte auf der Wasseroberfläche. Alles schien total idyllisch.
Doch hier sollte ein Mord passieren.
Und wenn ich mich nicht bald beeilte konnte ich ihn nicht verhindern.
Also schrie ich. »Ahhhh! Eine riesengroße Spinne!« Ich hatte nicht nur die Aufmerksamkeit meiner Familie sondern auch die der Schmuggler. Mit den Fingern zeigte ich drei,…zwei,…eins!
Mehrere Dinge passierten gleichzeitig. Kashmir trat nach Jona, der löste seinen Griff ganz.
Noemi biss Maxim in die Hand, die sie vor ihren Mund gehalten hatte!
Mama rammte sich gegen Tom und wuchtete den breitschultrigen Typen um.
Und ich? Ich trat Cooper kräftig gegen das Schienbein! Der jaulte auf.
Mit der Scherbe in der Hand rannte ich zu Kashmir und schnitt auch ihm die Fesseln durch. Der nahm wiederum nun die Scherbe und spurtete damit zu Mama.
Alles funktionierte perfekt. Wie programmierte Maschinen, die an diesem Tag zum ersten mal gearbeitet hatten.
»Hilfe!«, kreischte Noemi da. Wir hatte sie ganz vergessen. Keisa hielt meine kleine Schwester fest und drückte die Pistole an ihre Kehle. »An eurer Stelle würde ich mir alles nochmal gut überlegen!«
Ich hob die Hände. »Wir ergeben uns.«
Der Boss ließ die Pistole sinken. Irritiert über diese Worte blickten mich Kashmir, Mama und Noemi an. Ich nutzte jedoch diese Sekunden, hechtete zu Noemi. Schlug dem Boss mitten ins Gesicht und trat ihm dann die Pistole aus der Hand.
Mit dieser Wucht schlug ich hart auf dem Boden auf. Mama eilte zu mir und Noemi - die sich befreien konnte - und schnappte sich die Pistole, die neben mir lag.
»Keinen Schritt näher!« Sie deutete auf Keisa. »Sonst drücke ich ab!« Jeder von uns wusste das Mama nie in der Lage wäre, jemanden umzubringen, doch drohen konnte sie sehr gut. »Und wenn ihr schießt!« Sie sah die restlichen Leute an. »Dann schieße ich auch… Sie können es sich überlegen! Ich würde Ihnen raten, die Pistolen auf den Boden zu legen, wenn sie nicht das Leben ihres Boss’ verschwenden wollen!« Keisa zog eine Grimasse. Und befahl: »Legt sie auf den Boden!«
Zuerst legte Jona die Pistole auf den Boden, ihm folgten Maxim, Tom und Cooper.
»Hat jemand von Ihnen ein Handy! Uns wurden schließlich alle abgenommen!«, fragte Kashmir in die Runde.
Maxim zögerte kurz, dann reichte sie meinem Stiefvater ihr auffällig, pinkes Smartphone. »Code ist sechs, eins, zwei, acht.« Kashmir wählte eine Nummer. Er rief die Polizei. In der Zeit verteilte ich die eingesteckten Drogen unter den Mitgliedern des Schmugglerrings.
Bald traf die Polizei ein. Sie nahmen die Schmuggler fest und befragten uns. Wir zeigten ihnen das Buch im Baum und die Skoruptalem. Dabei nahmen die Polizisten auch Hannes fest der ihnen widerstandslos folgte.

Es dauerte bis in den Abend hinein. Als wir nach hause fuhren, war es schon stockfinster. Wir alle waren unglaublich erschöpft. Doch wir hatten es geschafft! Gemeinsam als Familie, hatten wir die Schmuggler überführt und dafür gesorgt, dass die Skoruptalem kein Geheimnis mehr waren…

Mehrere Tage später, kam ich von der Schule nach Hause.
»Mama?«, rief ich, »Hast du schon die neue Zeitung gelesen?« Ich wartete erst gar nicht auf eine Antwort. »In den Skoruptalem soll ab nächster Woche geforscht werden! Für die Zukunft!«
Mama lächelte mich nur an. »Das wichtigste ist doch, dass wir gezeigt haben, das in uns doch Teamgeist steckt!«
Diese Worte sog ich, wie mit einem Staubsauger auf!
Ich gravierte sie in mein Gedächtnis ein!

ENDE

Mara Maiwald

parallax background
Wir haben ihr Interesse geweckt?

Werden Sie
Unterstützer

Wir freuen uns immer über hilfreiche Unterstützung, die es uns ermöglicht unsere Projekte fortzusetzen. Wenn Sie also Unterstützer werden wollen, würden wir uns über eine Kontaktaufnahme freuen.