Gegenwart und Zukunft – Mein Leben heute – Mein Leben im Jahr 2033
Projektdaten:
- Titel: Gegenwart und Zukunft – Mein Leben heute - Mein Leben im Jahr 2033
- Bündnispartner 1: Stadt- und Kreisbibliothek Zella-Mehlis, Rathhausstraße 4, 98544 Zella-Mehlis
- Bündnispartner 2: Kinder- und Jugendheim Benshausen e.V., Otto-Kreiner-Straße 70, 98554 Zella-Mehlis/OT Benshausen
- Bündnispartner 3: Friedrich-Bödecker-Kreis für Thüringen e.V., Magdeburger Allee 4, 99086 Erfurt
- Autorenpate: Landolf Scherzer, geboren 1941 in Dresden. Journalistikvolontariat bei der „Lausitzer Rundschau“ in Cottbus. Journalistikstudium in Leipzig. Bis 1975 Redakteur, danach freischaffender Schriftsteller. Bücher, Hörspiele, Theaterstücke. Bevorzugtes Genre: Literarische Reportagen. Von 1994 bis 1999 sowie 2006 und 2007 ehrenamtlicher Vorsitzender des Verbandes Deutscher Schriftsteller in Thüringen. Mitglied des PEN.
Publikationen (Auswahl): „Matthias Biskupek Worte ohne Verfallsdatum -Aus dem Online-Tagebuch 2008 bis 2021“, Herausgeber FBK für Thüringen e.V., Mitherausgeber: Dr. Frank Quilitzsch, Landolf Scherzer, Dr. Martin Straub, THK-Verlag Arnstadt 2022. „Leben im Schatten der Stürme – Erkundungen auf der Krim“, Aufbau-Verlag Berlin 2022. „Am Sarg der Sojus – Wer über das Heute spricht, sollte auch das Gestern kennen“, Neuauflage, THK -Verlag Arnstadt 2022. „Elli und das Wühlmausdorf“, Anthologie „Wer will schon in den Süden“, Illustration Kevin Hallmann, Hg. FBK für Thüringen e.V., Verlag Tasten & Typen, Bad Tabarz, 2021. - Zeitraum: 04.12.2023 - 08.12.2023
- Format: Modul 3 (kurzzeitig)
- Ort: Zella-Mehlis
- Bundesland: Thüringen
Downloads und Presselinks zur Autorenpatenschaft
Für diese Maßnahme ist auf Grund der kurzen Dauer keine Publikation vorgesehen. Texte und Bilder des Projektes finden Sie weiter unten.
Projektbeschreibung
In Gesprächen mit den Kindern und Jugendlichen erfuhr der Autor viel über deren Erlebnisse im heute. In diesen Gesprächen z.B. über Themen wie Schule, Heimalltag, Freizeit, Freundschaften, Verluste usw. berichteten sie dem Autor. Doch es gab bei allen Befragten nur lückenhafte Vorstellungen wie ihr Leben in zehn Jahren konkret aussehen könnte bzw. welche Wünsche sie für ihre Zukunft haben.
Deshalb sollen sie während der Werkstatttage jeweils einen Tag ihres heutigen Lebens beschreiben. Dabei soll nicht der zeitmäßige Ablauf im Vordergrund stehen, sondern Gedanken, Gefühle, Erfolge Schwierigkeiten usw. Analog dazu einen Tag im Jahr 2033.
Fragen wie: Was werde/will ich dann sein? Auch privat. Wie wird dann ein Tag konkret ablaufen, welche Arbeit, welche Erfahrungen, welche Sorgen, welche Freuden? Wie wird sich die Umwelt, die Gesellschaft bis dann verändert haben? Welche interessante Zukunftsfragen, dazu könnte schon im Vorfeld eventuell bei der Vorstellungslesung mit den Teilnehmern gesprochen werden.
Die Ergebnisse der Heute - Morgen Tag- Beschreibungen der Teilnehmenden werden in einer Abschlussveranstaltung präsentiert.
Bilder zur Autorenpatenschaft
Texte der Autorenpatenschaft
Alle Tage in meinem Leben waren wichtig. Gute und schlechte. Am 26. August 2020 an meinem 13. Geburtstag war ich noch zu Hause in meinem rumänischen Drobeta-Turmu-Severin. Mein Vater schenkte mir einen Kopfhörer. Er hatte ihn mir aus Deutschland mitgebracht. Ich war glücklich. Aber am nächsten Tag schon packte mein Vater sein Auto einen BMW M 5 E 39 mit vielen Geschenken voll und wir sind zu einem Kumpel von ihnen gefahren. Dort haben wir übernachtet und sind dann weiter. Mein Vater war Lkw-Fahrer und war in vielen Ländern gewesen. In Deutschland gefiel es ihm am besten. Er war zuvor 5 Jahre dort, um Geld zu verdienen. Er hat er uns aus Rumänien nach Deutschland geholt, weil unsere Mama in der Zwischenzeit einen anderen Mann gefunden hatte. Vater sagte, als wir am nächsten Tag weiterfuhren, zu mir, meiner Schwester Cosmina - damals war sie 10 - und meinen siebenjährigen Bruder Doru: „Wir bleiben in Deutschland!“
Von zu Hause weg? Aus der Schule in meinem Nachbardorf einfach weg? Jeden Morgen war ich dorthin mit dem Bus gefahren. Weg vom Sportlehrer, den ich liebte, weil er mit uns immer Fußball gespielt hatte. Weg auch vom Wald, den Wiesen und unserem Garten. Dort hat Mama auch Kohl angebaut, von dem ich manchmal meine Lieblingsspeise Sormale allein kochen durfte. Speck und Zwiebeln anbraten, dazu Fleisch und Reis. Von zu Hause weg? Als wir fortfuhren. winkte Mama nicht. Sie ging einfach ins Haus zurück. Dann kamen wir in Papas Wohnung in Ruhla an. Ruhla gefiel mir, weil, es gibt dort viel Wald und die Häuser sind klein. Dort sah ich auch freundliche deutsche Menschen. Ein alter Mann sagte mir immer: „Vergiss nie mein Junge, woher du kommst.“ Das ist ein guter Freund geworden dieser alte Mann. Die meisten Menschen in Deutschland sind dagegen anders als die Menschen in Rumänien. Die Rumänen sind immer kuschelig freundlich, hilfsbereit. Egal ob sie mit Geld sind oder ohne Geld. Wir lebten fast 2 Jahre in Ruhla. Dann konnte mein Vater sich nicht mehr um uns kümmern, denn er arbeitete als Taxifahrer in Bad Bergzabern. Das war meine Zeit des Abschieds von zu Hause und die Ankunft in der Fremde.
Einen Tag heute hier? 6:30 Uhr aufstehen, Zähneputzen, Essen. Punkt um 07:45 Uhr zum Bus und mit dem nach Schwarza in die Regelschule. Im Bus manchmal Streit um die Plätze, oft so laut, dass der Fahrer schimpft. In der Schule bin ich froh, wenn ich dort malen kann. Um 15:00 Uhr fahren wir mit dem Bus zurück. Im Heim erhalte ich noch Nachhilfeunterricht in Mathe und Englisch. Wenn ich Zeit habe, kann ich dann mit dem Fahrrad wegfahren. Meistens in den Wald. Dort muss ich nämlich sehr kräftig in die Pedalen treten. Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muss sich vorwärtsbewegen, um das Gleichgewicht zu halten. Das hat Einstein gesagt. Aber ich kenne es aus dem Kopf wie viele andere Worte, die mir gefallen: „Respektiere alle die dich auch respektieren.“ „Egal wohin du gehst, lass immer einen Platz für einen guten Tag.“ „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“ usw.
Vor dem Abendessen gehe ich noch einkaufen. Von meinem Taschengeld kaufe ich mir meist diese kleinen Autos Matchbox. Eines kostet 1Euro 0,64€. Ich habe schon 187. Dann gehe ich ins Bett. Und wenn ich liege und nachdenke, bin ich sehr traurig, dass ich kein einziges Foto von meiner Heimat, meiner Mama und mir als Kind in Rumänien mitnehmen konnte und keines davon in meinem Zimmer steht.
Und in zehn Jahren? In 10 Jahren sehe ich, dass ich mit einem wunderschönen Mädchen in einem wunderschönen Haus im Wald wohne. Dort ist es sehr ruhig. Nur die Vögel sind laut. Wir haben auch 2 Kinder. Das einzig wichtige im Leben sind die Spuren dir wir hinterlassen sagt so ein wichtiges Wort. Und das sind die Kinder. Arbeiten möchte ich dann in einem Automuseum.
Während Daniel diesen Text schrieb, malte die neben ihm sitzende Selina diese 2 Autos. Er wusste sofort welche das sind. „Der kleine Runde ist ein Bugatti. Der Große ein BMW M3 E 30.“
Daniel
Ich bin bald weg
Ich Selina, 13 Jahre fast 14 und lebe seit dem 02.08.2021 in dem Kinderheim in Benshausen. Meine Mutter und mein Bruder, der 8 Jahre alt ist, wohnen noch in unserem zu Hause. Ich bin ins Kinderheim gekommen, weil ich eine Woche ohne Strom und Essen zuhause allein war. Meine Mutter war nicht da, sondern woanders. Mein kleiner Bruder war in der Zeit bei seinem Vater. Ein Mitbewohner von uns sollte auf mich aufpassen. So war es versprochen. Doch so kam es nicht. -Er verschwand. Das heißt, ich war allein zu dem Zeitpunkt. Ich hatte eine Woche lang kein Essen. Es gab auch nur Wasser aus der Wasserleitung. Ich habe es keinen erzählt was gerade los war und bin trotz allem in die Schule gegangen. Nach einer Woche kam meine Mutter wieder. Sie hatte von all dem erfahren. Nachdem noch eine Woche vergangen war, war auch mein kleiner Bruder wieder da. Dann haben wir entschieden, dass ich, wegen der Situation zu Hause in einem Kinderheim besser aufgehoben bin. Ein paar Tage später wurde ich von der Heimleiterin abgeholt. Als ich da angekommen bin, fühlte ich mich wohl, fast wie zu Hause. Neu war, dass es viele Aufgaben und Verhaltensregeln gab. Ich lernte viele neue Freunde kennen. Sogar meine Liebe. Das Jahr 2023 geht zu Ende und ich lebe immer noch hier. Ich wäre schon vor anderthalb Jahren nach Hause entlassen worden. Doch ich finde es so schön hier. Trotz allen Pflichten, Regeln und den meist nervigen Erziehern. Ich habe hier so viel erlebt und erfahren, was ich sonst wahrscheinlich nie hätte erleben und erfahren können. Mit meinem Freund, den ich hier kennengelernt habe, bin ich schon seit über einem Jahr zusammen. Ich fühle mich immer noch wohl und glücklich hier. Trotz aller schönen Ding muss ich in den Sommerferien 2024 entlassen werden. Ich würde gerne noch hierbleiben, wenn es gehen würde. Das Leben im Kinderheim habe ich falsch eingeschätzt. Es ist nicht so wie jeder denkt. Man erlebt viel hier zum Beispiel jedes Jahr Ferienlager oder eine Fahrt nach Österreich und noch vieles mehr. Die Zeit hier werde ich vermissen.
Das war's mit: Ich bin bald weg.
Selina, 13 Jahre
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